Wir leben in der neoliberalen Stadt. Öffentliche Unternehmen wurden privatisiert. Unsere Plätze gehören schicken Cafés und an ihre Tische dürfen wir uns nur setzen, wenn wir bestellen und zahlen. Selbst wenn wir uns mit Bus und Bahn in der Stadt bewegen, sollen wir einen Fahrschein kaufen. Zu manchen Zeiten dürfen wir sogar nur mitmachen, wenn wir besonders viel Geld zahlen: Das günstige Bier aus dem Supermarkt ist in Baden-Württemberg nach 22 Uhr verboten, wer aber genug Geld hat, kann sich selbst Cocktails an der Bar ordern. Wenn wir so wenig Geld haben, dass wir froh sind, wenn wir ein Zuhause auf den Straßen der Stadt gefunden haben, verteiben uns Polizei und Securitys von den Straßen.
-> Für ein Recht auf Stadt jenseits kommerzieller Interessen
Wir haben zu kämpfen mit steigenden Mietpreisen. Frühere städtische Sozialwohnungen wurden privatisiert und die Rendite soll jetzt steigen. Jede Sanierung des Hauses und jede Aufwertung des Viertels ist für uns kein Grund zu feiern, denn für uns bedeutet es, sich das Zuhause nicht mehr leisten zu können. Die Viertel die wir erst beseelt haben, werden uns zu teuer. Wir sind gezwungen an den Stadtrand zu ziehen. Gentrifizierung heißt dieser Prozess, doch er muss nicht stattfinden.
-> Für ein Recht auf Stadt ohne Verdrängung
Wir wollen in verschiedenen politischen und sozialen Formen zusammenleben, in bunten Häusern, Wohnprojekten, besetzten Häusern oder auf Wagenplätzen. Doch Gesetze und Richtlinien sind starr nur auf übliche Wohnformen ausgelegt. Sie engen uns ein, schickanieren oder schlimmer noch, führen zur Räumung.
-> Für ein Recht auf Stadt aller Wohnformen gleichberechtigt nebeneinander
Wir sehnen uns nach einem Ort, an dem wir uns treffen und austauschen können. Wo wir träumen, planen und neue Formen des Miteinanders ausprobieren können. Ein Ort in dem nicht kommerzielle Vorträge, Workshops, Konzerte und Partys stattfinden. Wo es Platz für politische Gruppen und Plena gibt.
-> Für ein Recht auf Stadt mit einem autonomen Zentrum
Wenn wir als Geflüchtete hier herkommen, werden wir in Lagern fern der Stadtzentren untergebracht. Die sogenannte Residenzpflicht verbietet es uns die Städte aufzusuchen, die in einem anderen Bundesland liegen. Statt Geld erhalten wir erniedrigende Gutscheine, die uns von jeder Bezahlung ausschließen. In unserer eigenen Stadt dürfen wir nicht arbeiten.
-> Für ein Recht auf Stadt von Geflüchteten
Doch auch wenn wir hier ganz normal leben, vielleicht sogar hier geboren sind, bekommen wir manchmal zu hören, dass wir hier nicht hingehören. Wenn wir nicht deutsch genug heißen, ist es schwierig sich auf eine Wohnung zu bewerben. Wenn wir nicht deutsch genug aussehen, werden wir abends von den Clubs an der Tür abgewiesen. Auch der Staat macht mit: “Racial Profiling” heißt die Praxis; die Polizei kontrolliert Menschen, die nicht deutsch aussehen, weil sie angeblich häufiger gegen das Aufenthaltsbestimmungsrecht oder andere Gesetze verstoßen.
-> Für ein Recht auf Stadt ohne den alltäglichen Rassimsus
Wenn wir ein Kleid tragen, wird kommentiert ob es gefällt und wie wir darin aussehen. Wir hören Anmachen oder Beleidigungen. Wir sind aber nicht hier um andere zu unterhalten.
Wenn wir Männer, Frauen oder andere Geschlechter küssen, bekommen wir zu hören, es wäre eklig oder falsch. Wir haben es satt, dass unsere Identität, unsere Liebe oder unser Begehren ständig ungefragt kommentiert wird.
-> Für ein Recht auf Stadt jenseits von Homophobie, Sexismus und Patriarchat
Wenn wir durch die Stadt gehen, wollen Polizist*innen unsere Ausweise sehen und durchwühlen unsere Rucksäcke. Sie begleiten unsere Demonstrationen mit Schlagstöcken und Pfefferspray. Wenn wir öffentliche Plätze überqueren, überwachen Videokameras unser Verhalten. Wenn wir durch die Stadt gehen, speichern Geheimdienste ständig Positionsdaten unserer Mobiltelefone und wenn wir telefonieren, hören sie mit. Schon vor der Strafe führt die bloße Überwachung dazu, dass Menschen nicht unbeschwert leben, sondern sich aus Angst angepasst und konformistisch verhalten.
-> Für ein Recht auf Stadt ohne Überwachung, Anpassungszwang und Kontrolle
Wir wollen bewusst machen, dass unsere Probleme nicht im luftleeren Raum entstanden sind. Mit der Erschaffung eines Kollektivs ist immer die Ausgrenzung von denen verbunden, die nicht zum Kollektiv gehören. Die Erhöhung der eigenen Gruppe bedeutet die Abwertung der fremden Gruppe.
Ein Wirschaftssystem, das auf Wettkampf und Konkurrenz, auf Druck und Ellbogen aufgebaut ist, produziert Versagensängste und Verlierer*innen. Oft scheint die einzige Möglichkeit die selbsterfahrene Gewalt an andere Menschen weiterzugeben oder Sündenböcke zu suchen. Stattdessen aber sollten wir die gesellschaftlichen Verhältnisse so ändern, dass sich jede* nach ihren Fähigkeiten und nach ihren Bedürfnissen einbringen kann. Für eine Welt, in der alle ohne Angst verschieden sein können.
-> Für ein Recht auf Stadt jenseits von Staat, Nation und Kapital
Daher rufen wir auf: Kommt alle zum “Recht auf Stadt-Kongress” und zur Nachttanzdemo, 17. – 19. Oktober 2014 in Heidelberg.