Erniedrigende staatliche Gewalt bei Sammelabschiebung, Abzuschiebende und Angehörige wie Kriminelle behandelt, Infektionssschutz vor Corona interessiert nicht.
Die hier bereitgestellten Informationen kommen von Refugees4Refugees.
Anfang Dezember 2020 wurden 43 Menschen nach Nigeria abgeschoben. Der Charterflug startete am 10. Dezember von München aus, mit 24 Personen aus der BRD, 17 aus Österreich, einer Person aus der Slowakei und einer aus Polen. In der Mittagszeit um 1:45 landeten sie in Lagos, Nigeria. Es waren mehr als hundert Sicherheitskräfte an Bord. In einer Sitzreihe (2, 3, 2 Sitzreihen) im Flugzeug waren jeweils 3 Geflüchtete und 4 Polizist*innen (diese auf den Plätzen an den Gängen). Die Abgeschobenen trugen alle Hand- und Fußfesseln. Manche waren auch am Sitz fixiert, oder ihre Arme wurden an ihrem Körper fixiert. Manche wurden mit Helmen “ruhig gestellt”.
Wir haben bereits mit einigen der Abgeschobenen Kontakt aufgenommen und wichtige Informationen erhalten. Unter den Abgeschobenen befanden sich sogenannte „gut Integrierte“, „freiwillig Rückkehrende“, Familienväter, 3 Frauen und 2 Kinder.
Ein Abgeschobener aus dem Landkreis Rosenheim berichtete über seine Situation: „Mit der Ablehnung von meinem Asylantrag habe ich die Information zur Möglichkeit der freiwilligen Rückkehr erhalten. Ich bin rechtzeitig, kurz nach meinem Ablehnungsbescheid, zur Zentralen Rückkehr Beratung (ZRB) gegangen. Ich habe das Angebot für die freiwillige Rückkehr angenommen. Ich bin in den Vorbereitungskurs des “social impact”-Projektes (Reintegration-Projekt) gegangen. Ich habe bei allen Anforderungen mitgewirkt, auch meinen Pass rechtzeitig beschafft. Trotzdem wurde ich festgenommen und abgeschoben. Mein Pass wurde gestempelt mit „Abgeschoben“. Das heißt auch, dass die Grenzpolizei meinen Pass behalten hat und ich keinen Pass mehr habe. Denn wenn du abgeschoben wirst, behält die nigerianische Grenzpolizei deine Papiere.“
Ein Gespräch mit einem Mitarbeiter der zuständigen Rückkehrberatungsstelle (ZRB) vor Ort bestätigt die Aussagen der betroffenen, abgeschobenen Person. Alle Informationen zur Vorbereitung der Rückkehr wurden an die Ausländerbehörde übermittelt. Das heißt, dass die Ausländerbehörde, obwohl sie von der Maßnahme wusste, abgeschoben hat. Mitarbeitende der Beratungsstelle sind über den Vorfall schockiert. Es sei das erste Mal, dass so etwas passiert. Geflüchtete würden so auch das Vertrauen in das vom Bund geförderte Rückkehrprogramm verlieren. Aus dem Landkreis Rosenheim wurde ein weiterer Mann abgeschoben, der den Vorbereitungskurs bereits begonnen hatte. Trotz des freiwilligen Rückkehrprogramms ist er nun brutal abgeschoben worden.
Das ist nichts Neues. Schon 2018 sollte ein Geflüchteter aus Nördlingen abgeschoben werden, während er an einem Vorbereitungskurs zur “freiwilligen Rückkehr” teilnahm. Die Festnahme für die Abschiebung scheiterte nur deshalb, weil der Betreffende nicht zu Hause war als die Polizei kam.
Das „freiwillige Rückkehr-Programm“ der Bundesregierung hat sowieso nichts mit “freiwillig” zu tun, es ist nur eine geschönte Form der Abschiebung – zumal die “Starthilfe” im Heimatland auf fünfzig Euro gekürzt wurde.
Außerdem wurden Familien durch die Abschiebung getrennt. Zum Beispiel wurde am 9. Dezember in Nördlingen ein Familienvater festgenommen und abgeschoben. Während einer kleinen privaten Geburtstagsfeier seines ältesten Sohnes kam die Polizei. Die Familie lebte mit drei in Deutschland geborenen Kindern in einer Containerunterkunft. Ihr Zimmer hatte sie mit einem Schrank in zwei Bereiche getrennt. Während die Frau mit den Kindern sich in den einen Bereich zum Schlafen gelegt hatte, saß der Vater noch mit zwei Freunden aus der Unterkunft im anderen Bereich. Die Polizei kam und hat die Freunde aus dem Zimmer verwiesen. Später stellte sich heraus, dass die Freunde Glück hatten, da auch einer von ihnen abgeschoben werden sollte. Der Vater hatte 5 Minuten um seine Sachen zu packen. Weil er nicht zu seiner Frau in den vom Schrank abgetrennten Bereich gelassen wurde, hat er sie mit seinem Handy angerufen. Die Frau stand auf, wurde aber nicht zu ihm gelassen, durfte ihm keine Sachen geben oder ihn verabschieden. Der Vater wurde auch nicht zu seinen schlafenden Kindern gelassen, um sich von ihnen zu verabschieden. Der Vater akzeptierte das nicht, er schaffte es, die Kinder zu wecken. Mit verschlafenen Augen sahen diese noch wie ihr Vater von der Polizei in Handschellen abgeführt wurde. Die Familie ist traumatisiert. Der jüngste Sohn glaubt mit seinen zwei Jahren nicht, dass sein Vater abgeschoben wurde. Er denkt auch nach zwei Tagen noch, der Vater komme nicht von der Arbeit nach Hause. Der Zweijährige versteht die Situation nicht und ist auf den Vater böse. Er weigert sich bis heute, am Telefon mit seinem Papa zu sprechen.
Vermutlich wurden die meisten Menschen aus Bayern abgeschoben. Die aktuellen Informationen zeigen, dass das CSU geführte Bayern federführend in der Abschiebepraxis ist. Die rassistischen Maßnahmen und Forderungen des Innenministers Horst Seehofer scheint Bayern vorbildhaft umsetzen zu wollen. Auch während des ersten Lock-Downs hat Bayern Druck auf Asylsuchende ausgeübt. Viele Geflüchtete wurden zur Passbeschaffung oder Identitätsfestellung aufgefordert, obwohl die Botschaften und auch die Grenzen in dieser Zeit wegen Corona geschlossen waren. Manchen, auch Familien, wurde ein Grenzübertrittenbescheinigung ausgestellt und sie wurden aufgefordert Deutschland zu verlassen, obwohl das aufgrund der aktuellen Coronasituation gar nicht möglich war. (Grenzübertrittenbescheingung einjähriges Kind)
Für eine Abschiebung nach Nigeria muss etwa 3-5 Tage zuvor ein Coronatest gemacht werden, der negativ ist. Einige der Abgeschobenen bekamen die Aufforderung zu Coronatests im Zusammenhang mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Andere mussten sich bei Terminen beim Landratsamt ohne Angabe von Gründen testen lassen. Eine Abgeschobener aus Wasserburg befand sich bis drei Tage vor der Abschiebung in Quarantäne und wurde dann abgeschoben.
Für eine Reise nach Nigeria muss 72 Stunden vor der Einreise ein Coronatest gemacht werden (lt. coronaeinreiseverordnung Nigerias) Vor der Ankunft in Nigeria muss man sich online für einen Coronatest bei Ankunft registrieren. Diese Registrierung findet bei Abschiebungen nicht statt und ein Coronatest nach Ankunft in Nigeria wird nicht durchgeführt. Bei Ankunft der am 10. Dezember Abgeschobenen wurde lediglich Fieber gemessen.
Mit unserem Netzwerk (DERS) konnten wir solidarische Menschen in Lagos organisieren, die vor Ort am Flughafen die Abgeschobenen empfangen und je nach Bedarf mit einer erster Unterkunft, Kontaktvermittlung, etc. unterstützen.
Die deutsche Regierung exportiert Corona. Die Menschen in Nigeria werden nicht geschützt wie die deutsche Bevölkerung. Die deutsche Regierung, Angela Merkel, zeigt ihre Verachtung für die Menschen in Afrika. Deren Leben muss nicht geschützt werden. Als im April einige Leute in der LEA Ellwangen mit Corona infiziert waren, wurden alle eingesperrt. Niemand durfte das Lager verlassen, um die deutsche Bevölkerung zu schützen. Auch Menschen mit negativen Tests durften das Lager nicht verlassen. Es ging um den Schutz der Deutschen. Jetzt ist Deutschland zu einem Corona-Hotspot geworden. Ein negativer Test genügt für die Abschiebung nach Nigeria.
Möglicherweise steht zu Weihnachten die nächste Abschiebung nach Nigeria an.